Alles, was uns an anderen stört oder besonders fasziniert, weist auf eigene verborgene Seelenanteile hin. Bereits C. G. Jung hat sich diesem Thema gewidmet. Die Verteufelung, das Abschieben aller möglichen Schuld oder Verantwortung auf unsere Mitmenschen nennen Psychologen Projektion. Sie führt aber zu keiner Lösung, sondern macht das abgewehrte Thema umso stärker und lebensbestimmender. Projektion ist also der direkte Weg zur Schattenbildung.
Egal ob man dazu neigt, sich selbst oder anderen die Schuld zu geben. Wir können Probleme nach außen projizieren und bekommen Feinde. Wir können sie nach innen auf unseren Organismus projizieren und ernten Symptome und Kranheitsbilder. Wir können sie auf unsere eigene Seele schieben und säen Schuldgefühle, die wir im späteren Leben ernten.
Die Übernahme des Schuld-Abonnements, die sich so manche antun, ist für andere in der Umgebung praktisch, denn die Schuld ist damit versorgt und entlastet den Rest. Dadurch wird allerdings auch die Entwicklung in solchen Gruppen behindert.
In der polaren Welt lebt n a t ü r l i c h alles von der Gegensätzlichkeit: Niemand kann sich groß fühlen, wären andere nicht klein(er). Frieden ist ohne Krieg nicht denkbar und gut nicht ohne böse. Aus der Welt der Gegensätze betrachtet können wir uns die Einheit nicht einmal vorstellen. Demnach gehören die Gegensätze unbedingt zusammen und sind erst zusammen vollständig. Es ist unser Hauptfehler in der polaren Welt, diese Tatsache immer wieder zu übersehen.
Wir können die Wirklichkeit grundsätzlich annehmen oder bekämpfen. Wenn wir die Realität ändern wollen, können wir sie auch zunächst annehmen und dann versuchen, sie aktiv umzugestalten oder sie dadurch zu verwandeln, dass wir selbst uns ändern. Letzteres ist eine weithin unterschätzte wundervolle Chance.
Änderungen durch Forderungen an die Umgebung durchzusetzen erscheint als der leichtere Weg und wird deshalb von den meisten bevorzugt. Die Ergebnisse sind jedoch deprimierend.
Die Jammerer erreichen meist nur, dass sie selbst kaum mehr ertragen werden. Der empfohlene Weg besteht darin, die vorgefundene Wirklichkeit erst einmal anzunehmen und sich selbst zu ändern, statt Änderungen im Außen zu fordern oder zu erzwingen.
Dieser Weg ist sehr erfolgreich, allerdings anspruchsvoll und vielen ungewohnt.
„Auf die Dauer der Zeit nimmt die Seele die Farbe deiner Gedanken an.“
Marc Aurels
„Deine nicht akzeptierten Verhaltensmuster, Schattenseiten liebevoll umarmen wie eine Mutter ihr weinendes Kind – in dem Moment beginnst du sie zu wandeln.“
Thich Nhat Hanh